Irren ist amtlich-Beratung kann helfen

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Pressespiegel 2008

Hilfe gegen amtliche Irrtümer

Der Beratungsbus des Berliner Arbeitslosenzentrums auf Tour vor Jobcentern

19.08.2008 - Markus Drescher - Neues Deutschland

Irren ist menschlich. Sachbearbeiter in Jobcentern sind Menschen. Doch aus ihrem menschlichen Irren wird amtliches: fehlerhafte und unverständliche Bescheide oder zu lange Bearbeitungszeiten von Anträgen und Widersprüchen. Damit Jobcenter-»Kunden« nicht mit den amtlichen Irrtümern allein gelassen werden, gibt es Beratungsstellen für ALG-II-Betroffene. »Die Erfahrungen vor Ort zeigen, dass die wenigsten wissen, dass es eine Beratung gibt«, erzählt Frank Steger, Vorstand des Berliner Arbeitslosenzentrums (BALZ).

Unter dem Motto »Irren ist amtlich – Beratung hilft« bringt deshalb das BALZ in Kooperation mit der Liga der Wohlfahrtsverbände die Hilfe mit einer mobilen Beratung zu den Betroffenen – direkt zum Ausgangspunkt der Irrtümer: dem Jobcenter. Die, so Steger, hätten aber größtenteils keine Probleme mit der Präsenz des Beratungsbusses. Im letzten Jahr sei er selbst von zwei Amtsleitern sogar zu einem Gespräch eingeladen worden. Bis zum 26. September macht der Beratungsbus der Reihe nach jeweils für zwei Tage Halt vor den zwölf Berliner Jobcentern. Am Montag hieß die erste Station Jobcenter Mitte.

Die drei Berater vor dem Bus sind gefragt an diesem Morgen. Sie werden vieles gefragt. Ratsuchende zeigen ihre Bescheide und deuten mit hilfesuchenden Blicken auf die Blätter. Weniger komplizierte Anfragen werden vor dem Bus beantwortet, ausführliche Gespräche können drinnen geführt werden. Hier gibt es Laptop, Internetanschluss und auch einen Drucker.

Zumeist geht es um die Verständlichkeit von Anträgen und Bescheiden. »Vor allem die Einkommensanrechnung ist ein Problem«, erklärt Steger. Auch Zwangs- und vom Jobcenter nicht genehmigte Umzüge gehörten zu den Hauptschwierigkeiten, genau wie Rückforderungen oder die Warmwasserpauschalen. Die Berater klären die Betroffenen über ihre Rechte wie Widerspruch oder Klage auf, geben Tipps für notwendige Schritte oder die Kontaktdaten von ständigen Beratungsstellen mit auf den Weg.

Bereits im vergangenen Jahr war das BALZ mit dem Beratungsbus drei Wochen auf Jobcenter-Tour. Wegen des großen Erfolges wird die Aktion nun wiederholt und zeitlich auf sechs Wochen verdoppelt. »Die Probleme sind im Vergleich zum letzten Jahr nicht weniger geworden«, erklärt Steger. »Die Menschen berichten nicht von Verbesserungen.«

Um die subjektiven Eindrücke der Beratungen auch mit Daten untermauern zu können, führt das BALZ derzeit eine Umfrage unter Betroffenen zu deren Erfahrungen mit dem Jobcenter im Internet und während des mobilen Beratungseinsatzes durch. Elf Fragen umfasst der Bogen, von »Haben Sie Ihren letzten ALG-II-Bescheid verstanden« über die Bewertung der telefonischen Erreichbarkeit der Sachbearbeiter bis hin zur Frage, ob bei der Eingliederungsvereinbarung die Wünsche des Betroffenen berücksichtigt wurden.

Außer Zweifel steht für Steger, dass unabhängige Beratung in Verwaltungsfragen notwendig ist, auch wenn dies oft mit dem Hinweis, dass doch die Jobcenter schon beraten würden, bezweifelt werde: »Die Stiftung Warentest oder die Verbraucherzentrale wird ja auch nicht in Frage gestellt.«

Beratung jeweils von 8 bis 13 Uhr. Heute: Jobcenter Mitte. Weitere Termine und die Umfrage unter: www.beratung-kann-helfen.de

Quelle: http://www.neues-deutschland.de/artikel/134039.hilfe-gegen-amtliche-irrtuemer.html